(wenn das Urteil zu 60 Tagessätzen á 30.000,00€ rechtskräftig wird). In der Taz vom 11.9.2021 heißt es:
Da es weniger als 90 Tagessätze sind, gilt Boateng als nicht vorbestraft.
Im Kölner Stadtanzeiger vom 17.9.2021 lese ich:
Boateng ist damit aber nicht vorbestraft. Eine Vorstrafe gibt es erst ab 90 Tagessätzen.
Wirklich? Warum soll man nicht vorbestraft sein, obwohl man bestraft wird. Auch ich habe schon man Mandanten häufiger die Frage gehört: „Bin ich damit vorbestraft?“. Hintergrund sind die Regelungen zum polizeilichen Führungszeugnisses. In das Bundeszentralregister werden natürlich alle Verurteilungen eingetragen nicht aber in des polizeiliche Führungszeugnis. Nach § 32 des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) gilt für ein polizeiliches Führungszeugnis:
(1) 1In das Führungszeugnis werden die in den §§ 4 bis 16 bezeichneten Eintragungen aufgenommen…….
(2) Nicht aufgenommen werden …..
1. …..
5. Verurteilungen, durch die auf
a) Geldstrafe von nicht mehr als neunzig Tagessätzen,
b) Freiheitsstrafe oder Strafarrest von nicht mehr als drei Monaten
erkannt worden ist, wenn im Register keine weitere Strafe eingetragen ist,
Insofern könnte Boateng also auch nach Rechtskraft der Entscheidung noch ein Führungszeugnis erhalten, das ihn als unbestraft ausweist (zumindest wenn nicht noch eine weitere Strafe eingetragen ist). Er darf auch darauf bestehen, dass er als unbestraft behandelt wird. Sobald allerdings eine zweite Verurteilung hinzukommt, werden beide – unabhängig von der Höhe – im Führungszeugnis eingetragen. Wer also innerhalb von fünf Jahren zweimal verurteilt wird z.B. einmal wegen Ladendiebstahl und einmal wegen Schwarzfahrens jeweils zu 20 Tagessätze (zugegeben Delikte, die für Boateng eher nicht in Betracht kommen), bekommt dies ins Führungszeugnis, auch wenn die Summe der beiden Strafen deutlich unter 90 Tagessätzen liegt.
Dass es sich um eine „Vorstrafe“ handelt, wird spätestens dann deutlich, wenn es um die unbeschränkte Auskunft aus dem Register geht (§ 41 BZRG), die eine Reihe von Behörden verlangen dürfen (z.B. auch der Verfassungschutz), und in denen dann die „Vorstrafe“ eingetragen ist.
Am bekanntesten davon ist die Auskunft gegenüber Staatsanwaltschaft und Gerichten. Diese erhalten bei neuen Ermittlungen natürlich einen Registerauszug, in dem alle Vorstrafen eingetragen sind, auch die unter 90 Tagessätzen. Und würde Boateng erneut in einem anderen Fall wegen Körperverletzung verurteilt, könnte ihm natürlich vorgehalten werden, dass er einschlägig „vorbestraft“ ist.
Zusammengefasst: Boateng wäre also vorbestraft, was ihm aber nur in Ausnahmefällen vorgehalten werden darf. Allerdings dürfte er ohnehin kaum auf ein Führungszeugnis angewiesen sein.
Eberhard Reinecke