Ich gestehe: Ich habe dem Sachverständigen Prof. Dr. Bauer (der einzige, mit dem Zschäpe gesprochen hat) zumindest teilweise Unrecht getan. Er hatte in seinem Gutachten davon geschrieben, dass Frau Zschäpe im Untergrund gewissermaßen in „verschärfter Geiselhaft“ gelebt habe. Er hatte das in seiner Befragung bereits relativiert und ich habe das später in einer Erklärung als unangemessen gerügt. Doch am 5.7.2017 stellte sich dann heraus, unter welchen unmenschlichen Bedingungen Frau Zschäpe hausen mußte.
Es ging um die Wohnverhältnisse in der Heisenbergstrasse, in der ersten Wohnung, die das Trio in Zwickau von Mitte 2000 bis Mitte 2001 bezogen hatte. Das war der Grundriss der Wohnung:
Im Zimmer drei (nach dem Grundriss 9,5m² groß) soll auch noch eine Zwischenwand eingebaut worden sein, der vordere Teil, in dem sich weder ein Fenster noch ein Heizung befand, will Frau Zschäpe bewohnt haben, den hinteren Teil Uwe Böhnhardt (und diese Trennung obwohl es Urlaubsbilder mit der gemeinsamen Schlafstatt der beiden gibt und Frau Zschäpe nach ihren eigenen Worten das Trio u.a. auch deswegen nicht verlassen hat, weil sie Uwe Böhnhardt geliebt hat). Die Absurdität dieser Darstellung führte zur Heiterkeit. Das veranlasste den Vertrauensverteidiger der Angeklagten – Herrn Grasel – zu der Bemerkung, der jetzige Haftraum sei auch nur 6 m² (incl. Nasszelle). Immerhin aber wohl auch mit Tageslicht und Heizung – also eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Loch in der Heisenbergstr. Und der Haftraum hat auch nur eine Tür, die nach außen aufgeht.
Der Knast also als echte win-win Situation, weil sich Zschäpe dort befreit fühlt, wie die Titanic schon in der Juniausgabe in den „Briefen an die Leser“ feststellte. Vieles spricht dafür, dass sie bald die lebenslange Freiheit in der Zelle, die komfortabler als das Loch in der Heisenbergstr. ist, genießen kann.
Was wusste Zschäpe über den Bombenanschlag in der Probsteigasse?
Der skurile Auftritt von Zschäpe und Rechtsanwalt Grasel am 5.7. hatte allerdings einen ernsten Hintergrund. Um die Lüge durchzuhalten, dass sie von allen Mordtaten erst immer nachträglich erfahren hatte, hatte die Angeklagte behauptet, Uwe Böhnhardt habe die Bombe für die Prosteigasse hinter ihrem Rücken in „seinem Zimmer“ gebaut. Nachdem sie dann auch gegenüber dem Sachverständigen Bauer erklärt hatte, jeder habe in der Heisenbergstr. ein eigenes Zimmer gehabt, folgte zunächst ein Beweisantrag, dass dies nicht möglich gewesen sei, da der größte Raum Durchgangszimmer zur Küche war.
Darauf dann die überraschende Erklärung der Angeklagten, in einem der Zimmer sei eine Zwischenwand eingezogen gewesen und damit aus der 3 – Zimmer eine 4 – Zimmerwohnung geworden. Hierzu erfolgte dann der weitere Beweisantrag, dass der Rückgabezustand der Wohnung nicht auf eine zwischenzeitlich eingebaute Wand schließen lasse. Auf Frage des Gerichtes konkretisierte die Angeklagte die Lage der Wand weiter (Im Zimmer 3), der oben abgebildete vermasste Grundriss lag da allerdings noch nicht vor. Jetzt bleiben also maximal je 4,5m² für beide und zwei Türen die nach innen gehen. Und Uwe B. mußte natürlich auch noch eine Bastelecke haben, in der er unbemerkt von Zschäpe die Bombe bauen konnte.
Die Hausverwalterin hatte in Ihrer Vernehmung vom 5.7. zwar keine konkrete Erinnerung an die Wohnungsrückgabe, sie konnte aber bestätigen, dass sie Beschädigungen, die auf einen zwischenzeitlichen Einbau einer Wand hindeuten könnte, in das Rückgabeprotokoll aufgenommen hätte, wenn es solche Beschädigungen gegeben hätte. In Protokoll stand vieles, aber nichts zu solchen Schäden. Mit einem Wort: Ein eigenes Zimmer, in dem Uwe Böhnhardt die Bombe – unbemerkt von der Angeklagten – bauen konnte, gab es nicht.
Eberhard Reinecke