Zwar nicht cold aber kein case mehr?
Zum Gedenken an den Nagelbombenanschlag in der Keupstraße am 09.06.2004 fand am 09.06.2024 ein großes Kulturfestival in der Keupstraße, der Schanzenstraße und auf dem Theatergelände statt. Rechtsanwalt Reineke war bereits für die Radiosendung „Zeitzeichen“ auf WDR5 am 9. Juni interviewt worden.
Am Nachmittag hat er dann auf dem Festival einen Vortrag zur Frage der möglichen Helfer und Mittäter des NSU in Köln unter dem Titel „Zwar nicht cold aber kein case mehr?“ gehalten. Dieser wird im Folgenden dokumentiert.
Welche Ermittlungen gab es bisher?
Wie vielleicht bekannt, wurde etwa vor zwei Jahren beim Land Nordrhein-Westfalen eine extra Ermittlungsgruppe eingerichtet, die sich um cold cases kümmern soll und auch schon mit dem einen oder anderen Fall an die Öffentlichkeit getreten ist. Als cold cases bezeichnet man normalerweise Straftaten wie Mord, die nicht verjähren, bei denen in früheren Zeiten allerdings allen Spuren und Indizien vermeintlich nachgegangen wurde, und die damals zu keinem Ergebnis geführt haben. Diese Fälle werden dann erneut bearbeitet, in der Hoffnung neue Ansatzpunkte für Ermittlungen zu finden.
Bei der Verfolgung weiterer Täter aus dem NSU Komplex haben wir es allerdings überhaupt nicht mit einem cold case zu tun, da einer ganzen Reihe von Ermittlungsansätzen zu keinem Zeitpunkt nachgegangen wurde. Man muss schlicht festhalten, dass der Bombenanschlag in der Keupstrasse offensichtlich für die Ermittlungsbehörde kein case mehr ist.
Für diese Entwicklung gibt es zunächst durchaus eine Ursache in den Gesamtermittlungen zum NSU. Wie bekannt wurden in Köln – wie auch in anderen Städten – die Täter zunächst unter den Bewohnern oder Besuchern der Keupstraße gesucht. Gestützt auf diese polizeilichen Verdächtigungen erfolgte sogar der Einsatz von V-Leuten und die Telefonüberwachung des Bruders des Inhabers des Friseursalons, da die Polizei fest davon überzeugt war, dass unter den Bewohnern der Straße Kenntnisse über die Täter bestehen müssten. Als dies nichts gebracht hatte, stellte die Staatsanwaltschaft Köln das Verfahren zunächst im Jahre 2007 ein. Der sachbearbeitende Oberstaatsanwalt führte in der Einstellungsentscheidung unter anderem aus:
Nachdem es den eingesetzten verdeckten Personen türkischer Nationalität eine tragfähige Vertrauensbasis aufzubauen, haben sie in persönlichen Gesprächen auch immer wieder den Sprengstoffanschlag zum Gegenstand gemacht. Die in diesem Zusammenhang geäußerten Meinungen/Mutmaßungen über die Hintergründe des Anschlags sind vielfältig gewesen und haben sich in reinen Gerüchten und Vermutungen (reine Spekulationen, „Verschwörungstheorien“ o.a.) erschöpft, die von einem fremdenfeindlichen Hintergrund über Milieustreitigkeiten, Schutzgelderpressungen bis zu einem Zusammenhang zu den Serienmorden an türkischen Geschäftsleuten in Deutschland reichten. Konkrete Anhaltspunkte für die Richtigkeit auch nur einer dieser Theorien haben sich jedenfalls nicht ergeben.
Als nach der Selbstenttarnung des NSU im November 2011 plötzlich klar war, dass die Täter der Keupstraße eine rechtsradikale Mörderbande waren, übernahmen Bundesanwaltschaft und BKA die Ermittlungen. Sie konzentrierten sich – was sicherlich auch verständlich war – zunächst auf die von Ihnen erkannten Haupttäter. Die Ermittlungen waren mit der Anklage nicht abgeschlossen, tatsächlich lieferte das BKA noch während des gesamten Verfahrens weitere Ermittlungen nach. Von daher war nachvollziehbar, dass zunächst kein Gewicht auf die Ermittlung weiterer Helfer in einzelnen Städten gelegt wurde. Die örtlichen Polizeibehörden verspürten ohnehin keine große Neigung, ihre eigenen rassistischen Ermittlungen noch mal zu überprüfen.
War dies am Anfang schon aus Zeitgründen durchaus nachvollziehbar, so führte diese Haltung der Bundesanwaltschaft, die dann vom OLG München übernommen wurde, letztlich dazu, dass gegen alle Indizien so getan wurde, als gäbe es keine weiteren Gehilfen des NSU in den einzelnen Städten oder doch zumindest gäbe es keine konkreten weiteren Ermittlungsansätze. Ich will im Folgenden darstellen warum wir davon ausgehen müssen, dass es örtliche Helfer gegeben hat (am Beispiel Köln) und welche sehr konkreten Ermittlungsansätzen es gäbe, wenn tatsächlich weitere Ermittlungen gewollt wären.
Wieso kann man sich so sicher sein, dass der NSU in Köln über Helfer verfügte.
Für den Anschlag in der Propsteigasse am 19.1.2001 ergibt sich dies schon daraus, dass es aus dem Äußeren des Ladengeschäftes keinerlei Hinweis auf die iranischen Inhaber gab, also nur irgendjemand, der den Übergang von einem deutschen Inhaber auf einen iranischen Inhaber kannte, dort auch hätte tätig werden können. Es kommt aber auch hinzu, dass zwischen dem Ablegen der Bombe und der Explosion ca. einen Monat vergangen war. Die Bombe explodierte beim Öffnen des Paketes, was irgendwann in Monat zwischen der Ablage und der Explosion geschehen konnte. In der Wohnung des NSU sind Zeitungsartikel aus dem Express vom 20.1.2001 gefunden und im Bekennervideo wurden Fernsehnachrichten des WDR vom 19.1.2001 verarbeitet. Eine bundesweite Berichterstattung zu diesem Anschlag hat es nicht gegeben. Der Express war zwar beim Bahnhofskiosk in Zwickau zu erwerben, der NSU konnte aber gar nicht wissen an welchem Tag die Bombe tatsächlich explodiert. Weder ist es wahrscheinlich, dass Frau Zschäpe täglich zum Bahnhofskiosk gegangen ist, um zu überprüfen ob die Bombe hochgegangen ist, oder dass sie täglich den WDR verfolgt hat und dann immer auch noch mit der Option sofort auf die Aufnahmetaste zu drücken. Schon deshalb spricht auch sehr viel dafür, dass ein eingeweihter Gehilfe in Köln den Hinweis nach Zwickau gegeben hat und dann gezielt die Fernsehsendungen abgewartet werden konnten und der Express am Bahnhof gekauft werden konnte.
Für den Anschlag in der Keupstraße gibt es folgende Anhaltspunkte: Schon 2005 hatte das BKA eine Fallanalyse durchgeführt und ist dabei zu dem durchaus zutreffenden Ergebnis gekommen, dass die Bombe von einer Person gezündet wurde, die im Tor der Keupstrasse 60 gestanden hat und sich sodann über den Hinterhof und einen angrenzenden Weg zur Genoveva Straße entfernt hat. Es handelt sich dabei ohne Zweifel um einen Schleichweg, der selbst Kölnern kaum bekannt ist und den Mundlos und Böhnhardt sicherlich nicht selbstständig ausgekundschaftet haben. Auch das BKA ging 2005 von mindestens einem Mittäter mit guten Ortskenntnissen aus, was für Mundlos und Böhnhardt sicherlich nicht gilt.
Das Oberlandesgericht München hat sich zu der Frage, wie die Angriffsziele gesucht wurden nicht konkret geäußert, sondern lediglich allgemein darauf verwiesen, dass beim NSU eine Vielzahl von Ausspähungsunterlagen wie Adressen, Stadtpläne etc gefunden worden seien. Es fehlt allerdings an jeglichem Nachweis dafür, dass es gerade auch zu diesen Tatorten in der Probsteigasse und in der Keupstraße irgendwelche Ausspähunterlagen gegeben hätte.
Ein solches Ausspähen hätte auch vorausgesetzt, dass Mundlos und Böhnhardt vor den Anschlägen in der Probsteigasse und in der Keupstraße in Köln gewesen sind und sich nach möglichen Tatorten umgesehen haben. Niemand würde allerdings bei einer solchen Ausspähfahrt auf die Probsteigasse kommen. Außerdem liegen spätestens seit Anfang 2004 alle Mietverträge, die der NSU für die Anmietung von Autos abgeschlossen hat in der Ermittlungsakte vor, insbesondere alle Verträge, die sich konkreten Taten zuordnen lassen. Es gibt einige Verträge mehr, keine dieser Verträge könnte aber eine Ausspähfahrt nach Köln vor dem 09.06.2004 abdecken. Auch die ihre finanziellen Mittel des NSU waren zum damaligen Zeitpunkt eingeschränkt. Wenn man die jeweilige Beute aus Banküberfällen jeweils auf den Zeitraum bis zum nächsten Überfall umgelegt, dann hatte der NSU zum damaligen Zeitpunkt etwa 3.000-3.500 € Monat für drei Personen zur Verfügung, eine Fahrt in einem ausgeliehenen Fahrzeug nach Köln hätte mit Sicherheit Kosten von ca. 500 € verursacht.
Es ist also nach allen dem äußerst wahrscheinlich, dass der NSU aufgrund von konkreten Hinweisen und Hilfestellungen anderer Personen in Köln tätig geworden ist.
Welche Ermittlungsansätze gibt es, denen bisher nicht nachgegangen wurde?
Dazu gehören natürlich zunächst einmal Ansätze, die sich aus einem neuen Profiling ergeben, worauf ich dann später zurückkomme. Bei der Propsteigasse ergeben sich allerdings ansonsten wenig konkrete Anhaltspunkte, ganz anders sieht dies bei der Keupstraße aus, bei der sehr konkrete Kenntnisse über den Ablauf des Anschlages bestehen. Zusammengefasst haben wir hier folgende Kenntnisse:
Mundlos und Böhnhardt sind mit einem VW Touran mit Zwickauer Kennzeichen (d.h. Z) nach Köln gekommen. Das genaue Kennzeichen ist auch bekannt, die Farbe dieses Fahrzeuges ist bisher nicht ermittelt worden, könnte aber jederzeit ermittelt werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit waren in diesem Fahrzeug drei Fahrräder (ein Bombenrad und ein zwei Fluchträder). Diese mussten also aus dem VW Touran ausgeladen werden. Es mussten auch noch einige letzte Arbeiten an der Bombe durchgeführt werden. Das kann nicht sehr weit von der Keupstraße entfernt gewesen sein, was sich aus folgenden Anhaltspunkten ergibt:
Eine wichtige Zeugin hat Mundlos gesehen, als er das Fahrrad mit der Bombe auf dem Gepäckträger ganz ganz vorsichtig in die Schanzenstraße geführt hat. (Nur am Rande sei bemerkt, dass diese Zeugin gegenüber der Polizei auch erklärt hatte, dass es sich bei der Person, die das Fahrrad geschoben hat, eher um einen deutschen, auf keinen Fall um einen Türken handelt.) Die Stelle habe ich in einem Stadtplan von 1989 eingezeichnet (Z1).
Entsprechende Bilder wurden später auch von der Videokamera von Viva in der Schanzenstraße aufgenommen. Bereits das BKA ging 2005 davon aus, dass das vorsichtige Führen des Fahrrades darauf zurückzuführen ist, dass praktisch die Bombe bereits funktionsfähig war und lediglich noch zwei Schritte erforderlich waren, zum einen ein Scharfstellen der Bombe, und dann anschließend die Zündung per Funk. Da allerdings beide nicht sicher sein konnten, dass vielleicht durch irgendwelche Funkwellen der Zünder bereits vorher ausgelöst wurde musste das Fahrrad besonders vorsichtig geschoben werden, was ein sicheres Indiz dafür ist, dass es nicht weit von der Stelle, an der die Zeugin Mundlos gesehen hat, aus dem Touran ausgeladen und fertig gemacht worden war. Böhnhardt hatte zuvor die beiden Fluchtfahrräder in die Nähe der Keupstrasse geschoben, war dann zurückgegangen und mit einem Beutel zusammen mit Mundlos nach 20 Minuten wieder aufgetaucht. D.h. der Touran muss maximal 5-10 Gehminuten von der Keupstrasse entfernt gestanden haben.
Diese Zeugenaussage deckt sich dann mit der Angabe eines Zeugen, der unmittelbar nach der Explosion vor dem Motorradladen Ecke Bergischer Ring/Keuptraße einen Radfahrer beobachtet hat, der mit einem Affenzahn in die Markgrafenstraße einbog. (s. Z2 in der Karte). Dieser Zeuge hatte bei seiner polizeilichen Vernehmung zunächst von einem 40 bis 50-jährigen Mann gesprochen, war aber nicht mehr erneut vernommen worden, nachdem die Bilder von Viva im Fernsehen gezeigt worden waren. Im Verfahren in München hat er gesagt, dass auf dem Fahrrad einer der Täter gesessen habe, und dass er als Feuerwehrmann wisse, dass unter hohem Stress Menschen sehr viel älter aussehen als sie tatsächlich sind. Da auf den Filmen von Viva zu sehen ist, wie Mundlos nach der Explosion aus der Keupstraße in die Schanzenstraße einbiegt handelt es sich bei der Person die der Feuerwehrmann gesehen hat, um Böhnhardt, der über den Schleichweg hinter der Keupstraße 60 zur Genoveva Straße gefahren ist und von dort kann mit erheblicher Geschwindigkeit in die Markgrafenstraße. Sieht man sich das jetzt auf der Karte an, so ist ziemlich klar, dass der VW Touran nur in einem sehr kleinen Gebiet hinter der Markgrafenstraße im Bereich der Haltestelle von Sparrstraße abgestellt gewesen sein kann.
Dass die Täter sehr nahe an der Keupstraße gewesen sein müssen, schlug sich in polizeilichen Ermittlungen auch so nieder, dass die Polizei eine Rasterfahndung durchgeführt hat, bei der sie bei allen jungen Männern in einem Umkreis von 10 km um die Keupstraße herum wohnten Alibiüberprüfungen vorgenommen hat. Das BKA ging auch von einem Depot der Täter in diesem Bereich aus. Auf die Variante, dass die Täter von auswärts kamen und nur in diesem recht engen Bereich ihr Fahrzeug abgestellt hatten, ist die Polizei damals nicht gekommen und nachdem dies nach der Selbstenttarnung bekannt war, hat niemand mehr danach gesucht.
Nach meiner Auffassung wäre ein öffentlicher Aufruf danach, wer am Tag der Bombenexplosion in diesem doch recht kleinteiligen Bereich auf irgendeinem Parkplatz oder einem Hinterhof einen VW Touran mit einem Zwickauer Kennzeichen (Z) gesehen hat, aus dem Fahrräder aus- oder (später) auch eingeladen wurden, nicht von vornherein aussichtslos. Es wäre das mindeste, dass ein solcher Versuch überhaupt erst einmal unternommen wird. Ermittelt man diese Stelle, so gibt es eventuell auch Hinweise auf mögliche Mittäter, insbesondere ob Zeugen tatsächlich nur zwei oder drei oder mehr Personen gesehen haben.
Für das Heranschaffen der Fahrräder gibt es nur eine einzige andere Variante. Es ist bekannt, dass Andre Emminger, der auch im NSU Prozess verurteilt wurde, der sich selbst als bekennender Neonazi bezeichnete, am 08.06.2004 in Euskirchen war und zwar mit einem Lkw einer nach den Ermittlungsakten bekannten Spedition. Er hat am 8. Juni in Euskirchen aus einem EC Automaten Geld abgehoben, nach seiner eigenen Reisekostenabrechnung war er am 9.6. angeblich von morgens um neun bis nachts um 24 Uhr unterwegs, um von Euskirchen 500 km nach Magdeburg zu fahren. Auch da wäre natürlich Luft für ein Abstecher nach Köln, falls die Fahrräder und/oder die Bombe in seinem Lkw transportiert worden wären. Insofern könnte also auch in einer Öffentlichkeitsfahndung dazu aufgerufen werden, ob an diesem Tag irgendjemand einen Lkw dieser bestimmten Spedition in der Nähe der Keupstraße gesehen hat.
Was allerdings bleibt ist, dass nach der Flucht mit den Fahrrädern diese irgendwo eingeladen werden mussten, höchstwahrscheinlich in den VW Touran.
All diesen doch sehr konkreten Anhaltspunkten um eventuell noch auf Personen zu stoßen, bei denen der Touran abgestellt war, wurde bisher noch nie nachgegangen. Wir dürfen auch nicht übersehen, dass während der Ermittlungen im Jahre 2004 immer im Raum stand, dass es sich eigentlich bei den Tätern um Menschen mit enger Beziehung zur Keupstraße handeln müsse. Dies mag zum damaligen Zeitpunkt auch die Aussagebereitschaft viele Menschen nicht besonders gestärkt haben.
Neues Profiling
Neben diesen konkreten Ansatzpunkten für weitere Ermittlungen ergeben sich natürlich auch völlig neue Möglichkeiten des Profilings. Vieles ist im NSU Verfahren von Profilern verbreitet worden. Zur Keupstraße hatte der Oberprofiler Otto Schily schon einen Tag nach dem Anschlag angebliche Hinweise von „Diensten“, nach der die Täter eher im kriminellen Milieu zu suchen seien. Keiner der vielen Untersuchungsausschüsse im Bund und Ländern konnte aber einen einzigen Hinweis eines „Dienstes“ in dieser Richtung feststellen. Auch bei der Propsteigasse gab die Polizei bereits nach wenigen Tagen bekannt, dass sie ein ausländerfeindliches Motiv ausschließe. Nirgendwo wurde allerdings der Rassismus der ganzen Ermittlungsarbeit so prägnant zusammengefasst wie in einem Profiling Vermerk aus dem Jahr 2007:
„Auch spricht der die Gruppe prägende rigide Ehrenkodex eher für eine Gruppierung im ost- bzw. südosteuropäischen Raum (nicht europäisch westlicher Hintergrund). (…) Vor dem Hintergrund, dass die Tötung von Menschen in unserem Kulturraum mit einem hohen Tabu belegt ist, ist abzuleiten, dass der Täter hinsichtlich seines Verhaltenssystems weit außerhalb des hiesigen Normen- und Wertesystems verortet ist
Nun fällt es uns heute natürlich leichter, ein Profil derjenigen Personen zu entwickeln, die von Köln oder für Köln mit dem NSU zusammengearbeitet haben. Da die Kerngruppe des NSU keine familiären Beziehungen nach Köln hatte und der Gedanke absurd wäre, dass an irgendeinen Kriminellen für das Ausbaldowern eines Tatortes Geld bezahlt wurde, verbleiben als mögliche Täter nur Personen, die zum damaligen Zeitpunkt der gewaltbereiten rechtsradikalen Szene zuzuordnen sind. Dies kann kein einsamer Wolf gewesen sein, weil sonst der NSU keinen Kontakt zu ihm hätte haben können. Nun müsste an sich sowohl der Verfassungsschutz wie der Staatsschutz der Kölner Polizei Kenntnisse über gewaltbereite Neonazis in den Nullerjahren haben. Glücklicherweise gibt es aber auch immer noch alte Angehörige der Antifa die schon seit 30-40 Jahren die rechte Szene in Köln beobachten und natürlich auch Kenntnisse über Personen aus dieser Szene haben. Natürlich nenne ich hier jetzt keinen Namen, ich werde allerdings in dem von mir geplanten Schriftsatz an die Bundesanwaltschaft die Namen von Personen mitteilen, die nach unserer Kenntnis in diesem Zeitraum der gewaltbereiten rechtsradikalen Kölner Szene angehörten. Es wird dann Aufgabe der Ermittlungen sein, dem genauer nachzugehen oder im Fall eines bereits Verstorbenen dessen Umfeld zu vernehmen.
Fassen wir also das Ergebnis zusammen: Obwohl es erhebliche Ansatzpunkte zur Ermittlung von Tätern gibt, hat es seit der Selbstenttarnung des NSU noch nie intensive Ermittlungen gegen die möglichen Helfer in Köln gegeben. Auf die Frage, warum das so ist, gibt es eigentlich nur eine mögliche Antwort: Der strukturelle Rassismus der die gesamten bisherigen Ermittlungen geprägt hatte, setzt sich weiter fort, der immer wieder beschworene Wille zur restlosen Aufklärung besteht nicht. Hinzu kommt natürlich, dass die Kölner Polizei ungern ihr Totalversagen nach dem 09.06.2004 eingestehen will, sondern es sehr lieb wäre, man könne sagen, es hätte ja eigentlich niemand besser wissen können.
Wie gesagt ich werde mich daran setzen, auf Basis dieser Unterlagen Fortsetzung der Ermittlungen bei der Bundesanwaltschaft zu beantragen, sei es durch das BKA oder sei es durch Abgabe dieses Teilkomplexes an die Kölner Polizei. Ich werde sicherlich auch irgendwann darüber berichten können, wie die Bundesanwaltschaft auf den Antrag reagiert.
Eberhard Reinecke