Am 18.5.2017 wurde Prof. Dr. Bauer, der zum TrumpfAss der Neuverteidigung Zschäpe werden sollte, vernommen. Während sich das Gericht vor allem dafür interessierte ob und was Frau Zschäpe Herrn Bauer erzählt hatte (das Gericht hatte den Sachverständigen auch ursprünglich nur als Zeugen laden wollen), wurde durch die Befragung der übrigen Prozessbeteiligten schnell klar, wie einseitig und falsch das Gutachten ist. Wer sich dafür interessiert kann das in verschiedenen Berichten nachlesen, z.B. bei NSU-Nebenklage, SPON, SZ, ZEIT-Online.
Wir hatten bereits in unserem letzten Beitrag zum Sachverständigen darauf hingewiesen, wie absurd dessen Vorgehen ist. Heute wurde es dann allerdings auch noch peinlich, als Prof. Bauer erklärte, er sei der Meinung ein wirklich gutes Gutachten ausgearbeitet zu haben, und zwei seiner Kollegen hätten ihm das bestätigt. Dass er mehrfach seine Erfahrungen in der Begutachtung traumatisierter vergewaltigter Frauen aus dem Jugoslawienkrieg ansprach und Parallelen zum Verhältnis Zschäpe/Böhnhardt zog, war genauso deplatziert wie die Behauptung, Zschäpe habe sich in „verschärfter Geiselhaft“ befunden. Am Ende blieb vom Trumpf-Ass nur eine Pik-7.
Prozesserklärug zum Sachverständigen
Nach Beendigung der Vernehmung gab Rechtsanwalt Reinecke eine kurze Erklärung zu dem Gutachter ab. Diese Erklärung wurde frei gehalten, im Folgenden wird sie sinngemäß reproduziert:
Als erstes ist an dem Gutachten Methodenkritik anzubringen. Wie wird normalerweise die Glaubwürdigkeit überprüft? Man vergleicht die Äußerungen der Angeklagten mit den Feststellungen aus dem Verfahren und überprüft, ob dies (mehr oder weniger) übereinstimmt. Ganz anders der Sachverständige. Er exploriert die Angeklagte losgelöst von den Feststellungen im Verfahren, gewinnt daraus den Eindruck, dass Frau Zschäpe glaubwürdig ist und schlussfolgert dann, dass auch Ihre Einlassung glaubwürdig ist, dass sie also eigentlich nichts mit den Morden zu tun hat. Damit wird der Sachverständige aber zu einem ganz normalen Leumundszeugen, der sagt „Das traue ich der Frau Zschäpe nicht zu“ auch wenn hier dem Leumundszeugen ein professorales Mäntelchen umgehängt wird.
Die zweite Anmerkung betrifft den Grundsatz des Strafprozesses. Es ist nicht zulässig, dass eine Angeklagte sich durch schriftliche Erklärungen und durch schriftliche Beantwortung von Fragen dem Dialog und der Vernehmung entzieht, sich dann einen Psychiater aussucht, mit dem sie sich unterhält und der ihr dann die Glaubwürdigkeit bescheinigt. Die Feststellung der Glaubwürdigkeit ist ureigene Aufgabe des Gerichtes. Das hier eingeschlagene Modell wäre der Rückschritt vom aufgeklärten Strafprozess zum Schamanentum, bei dem dann auch einzelne besonders weise Männer entscheiden.
Eberhard Reinecke