Rechte Propaganda im Gerichtssaal

Am 3. Verhandlungstag (15.05.2013) beantragte die Verteidigung Wohlleben die Einstellung des Verfahrens u.a wegen einer medialen Vorverurteilung. Rechtsanwalt Schön  wies gleich darauf hin, dass damit rechtsradikale Propaganda im Gerichtssaal fortgesetzt werde, wie sie bereits in der Verteidigung der Hakenkreuze des Angeklagten Wohlleben erfolgt war. Rechtsanwalt Klemke sprach hier von Hetze und wollte sich nicht als rechtsextrem/rechtsradikal bezeichnen lassen. Schließlich würden andere sich auch nicht gerne als linksradikal bezeichnen lassen (wir können uns leider gar nicht denken, wen er damit gemeint haben könnte). Dokumentieren wir also etwas genauer wie unter dem Deckmantel der Verteidigung der Unschuldsvermutung Opfer verhöhnt werden.  Wir zitieren also einfach einiges aus diesem Antrag:

 „Frau John (die Ombudsfrau der Opfer d.U.) spricht von „rassistischen Verbrechen“ – ohne den Abschluss des Verfahrens abzuwarten, ohne Schuldspruch gegenüber den Angeklagten. Die „Täter ständen fest“. Sie forderte Entschädigung für die Opferfamilien des „rechten Terrors“ (tatsächlich wird im Antrag der Begriff „rechter Terror“ in Anführungszeichen gesetzt, d.U. ) ….

 Und tatsächlich: Entschädigungen wurden bereits bezahlt.“ …
Es wurde eine zentrale Trauerfeier abgehalten. Der Bundespräsident empfing die Opferfamilien. Er sicherte Aufklärung zu. …. Straßen und Plätze wurden umbenannt. Kassel erhält einen Halitplatz. Die Stadt Heilbronn weihte eine Gedenkstätte ein, die an die Ermordung der Polizistin Michele Kieselwetter durch den nazionalsozialistischen Untergrund (NSU) erinnert. Darauf zu lesen ist eine „gemeinsame Erklärung der 7 Städte, in denen die rechtsextreme Terrorzelle gemordet hat.“ ….
Das Wort mutmaßlich? Fehlanzeige. ….
Gedenktafeln wurden errichtet. In Dortmund ist darauf zu lesen, dass das Opfer Mehmet Kubasik durch „rechtsextreme Gewalttäter“ ermordet wurde. ….
Es spricht nichts dagegen, den Opfern von Verbrechen zu gedenken und an sie zu erinnern oder Familien von Opfern Entschädigungen zukommen zu lassen. Doch vorliegend zeigt sich deutlich, dass hiermit einhergeht, dass die Öffentlichkeit von der Täterschaft von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bereits als eine Art Faktum ausgehen – eine Täterschaft quasi „offenkundig“ ist.“

Warum darf man der rechtsextremen Taten erst gedenken, wenn die Täter verurteilt sind. Dass die Unschuldsvermutung nichts mit der Feststellung historisch politischer Sachverhalte zu tun hat, habe ich hier schon ausführlich dargelegt. (Ebenso im übrigen auch, dass im Verfahren streng juristisch gesehen keine verbindlichen Feststellung zu Uwe B. und Uwe M. erfolgen). Dass in diesem Antrag das „Paulchen-Panther-Video“ überhaupt nicht Erwähnung findet, macht nur deutlich, dass hier tatsächlich Propaganda transportiert werden soll. Wie kann ersthaft der rechtsextreme Hintergrund der Mordtaten angesichts dieser Bekenner DVD geleugnet werden? Natürlich weis auch die Verteidigung Wohlleben, dass Ihr Antrag aussichtslos ist, er dient nur dazu das Gedenken an die Opfer und deren Entschädigung zu diskreditieren.

Immerhin bleiben wir von der Frage verschont, ob es überhaupt Tote gegeben habe. Schließlich ist die Frage, ob es überhaupt zu Toten gekommen ist, auch eine Frage, die Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens und damit der Unschuldsvermutung ist. Das traute sich allerdings offenbar selbst die Verteidigung von Herrn Wohlleben nicht.

Sie beschränkte sich im Übrigen auf den Vorwurf der medialen Vorverurteilung. Die Behauptung der „medialen Hinrichtung“ (RA Stahl über seine Mandantin Zschäpe) blieb uns erspart.

Dass in diesem Antrag dann auch die Erklärung der Strafverteidigervereinigung NRW vollständig zitiert wurde wundert uns nicht. Vielleicht überlegt allerdings die Vereinigung, warum sie von diesen Anwälten zitiert wird.

Eberhard Reinecke

Ergänzung vom 4.6.2013: sehr lesenswert zu Rechtsanwältin Schneiders, Recherche von Lena Kampf auf Stern.de