Auch Berliner Staatsanwaltschaft hat Akten vernichtet

In den letzten beiden Wochen wurde in den Zeitungen über den Bezug des NSU nach Berlin berichtet, insbesondere wegen möglicher Sprengstoffanschläge auf den jüdischen Friedhof Heerstrasse und wegen der möglichen Ausspähung der Synagoge durch Zschäpe.   Wir hatten bereits im Jahre 2013 versucht, für die Tochter von Heinz Galinski nähere Kenntnisse zu den Anschlägen zu erhalten. Unsere Ergebnisse haben wir in einer Presseerklärung vom 10.10.2016 zusammengefaßt.

Mitteilung an die Presse

Im Rahmen des NSU-Verfahrens wird zur Zeit die Frage erörtert, ob und ggf. welche Anschläge dem NSU in Berlin zuzurechnen sind. Dabei geht es u. a. um zwei mögliche Sprengstoffanschläge auf das Grab von Heinz Galinski, den früheren Vorsitzenden des Zentralrates der Juden sowie der Jüdischen Gemeinde in Berlin. Im Auftrag der Tochter von Heinz Galinski hatten wir bereits im Jahre 2013 Akteneinsicht in die Unterlagen verlangt.

Zum versuchten Anschlag in der Nacht vom 27. zum 28.09.1998 teilte die Staatsanwaltschaft Berlin mit Schreiben vom 06.11.2013 mit:

„Dieses Verfahren (81 Js 3298/98) beinhaltete jedoch lediglich den Vorwurf der gemeinschädlichen Sachbeschädigung. Die Akte ist bereits nach Ablauf der vorgeschriebenen Aufbewahrungsfrist vernichtet worden, so dass eine Akteneinsicht nicht mehr möglich ist. Weitergehende Erkenntnisse waren auch nicht über eine Anfrage beim Polizeipräsidenten in Berlin – LKA 53 (Staatsschutz) – zu ermitteln.“

Zum dem – nach Presseberichten stärkeren Anschlag vom Dezember 1998  – hatte die StA schon mit Schreiben vom 5.7.2013 mit geteilt:

 „dass mit den dort lediglich mitgeteilten Tatsachen (u.a. Tatort und Tatzeit, d.U.) ein derartiges Verfahren im hiesigen Datenverarbeitungssystem nicht gefunden werden konnte. Sofern es Ihnen nicht möglich ist, weitere nähere Informationen (z.B. Personalien eines etwaig ermittelten Täters) zu dem Vorfall mitzuteilen, ist die Gewährung von Akteneinsicht daher leider nicht möglich.“

Offenbar hat auch die Berliner Staatsanwaltschaft seinerzeit keinen Zusammenhang zu rechtsradikalen Terroranschlägen gesehen, und zwar nicht einmal in der Zusammenschau.

Wir weisen ergänzend darauf hin, dass der nach bisheriger Erkenntnis von Frau Zschäpe benutzte Rechner heruntergeladene Ausschnitte aus Google Maps bzgl. des jüdischen Krankenhauses in Berlin enthielt. Nach Feststellung des BKA war dieser Rechner erst im April 2011 eingerichtet worden, so dass es sich um eine relativ aktuelle Suchanfrage gehandelt haben muss.

Die von uns in diesem Zusammenhang an Frau Zschäpe gestellte Frage ist von dieser genauso unbeantwortet geblieben wie die übrigen Fragen der Nebenklägervertreter.

Reinecke/Rechtsanwalt

Ergänzung und Erläuterung:

Zu einem möglichen Anschlag auf das jüdische Krankenhaus in Berlin gibt es folgende Anhaltspunkte: Frau Zschäpe hatte mitgeteilt, welchen Raum in der Frühlingsstrasse sie exklusiv benutzt hatte. In diesem Raum befand sich ein Hochbett, darunter ein Computer, auf dem das erste Benutzerkonto am 14.4.2011 angelegt worden war. Auf dem Computer befanden sich Kartenausschnitte, die aus google-maps o.ä. heruntergeladen worden waren, daruter auch ein Ausschnitt mit dem jüdischen Krankenhaus in Berlin. Wir hatten  deshalb Frau Zschäpe (vergeblich) gefragt:

„Auf Ihrem PC wurde nach Feststellungen des BKA das erste Benutzerkonto am 14.04.2011 angelegt (SAO 267, 212). Es befanden sich Auszüge von google-maps und google-earth betreffend das jüdische Krankenhaus in Berlin auf Ihrem PC (SAO 267,91). Wann und zu welchem Zweck wurden entsprechende Suchanfragen gestartet und entsprechende Kartenausschnitte heruntergeladen?“