Ich? Gerne. Allerdings vorweg: Für ca. 25 bis 30 Millionen Menschen stellt sich diese Frage gar nicht. Nach der Vermögensverteilung in der Bundesrepublik haben sie nämlich kein Vermögen in dieser Höhe. Im Jahre 2012 hatten 27% der Bevölkerung keine Vermögen oder Schulden, wahrscheinlich fangen erst bei 33 – 35% der Bevölkerung diejenigen an, die – wenn sie ihr ganzen Vermögen zusammenkratzen – ein Bareinkauf von 5.000,00€ vornehmen könnten.
Aber wie jetzt Christian Lindner (FDP) bei Anne Will behauptete, soll das Recht, unbegrenzt mit Bargeld einzukaufen ein ganz wichtiges Freiheitsrecht sein. „Bargeld ist geprägte Freiheit.“ Geprägt ist allerdings nur das Münzgeld und dann soll man mal ein Auto für 10.000,00€ mit der geprägten 2,00 € Münze bezahlen. Das von dieser wichtigen Freiheit nicht unerhebliche Teile der Bevölkerung ausgeschlossen sind, stört die FDP – wie immer – nicht. Dass unsere Freiheitsrechte nur der so recht genießen kann, der auch das nötige Großgeld hat, ist nun auch nichts neues.
Die armen Gebrauchtwagenhändlerinnen
Welche Einschränkung erleidet man, wenn es keine Bargeschäfte mehr über 5.000,00€ gibt? Am härtesten wäre wohl Dagobert Duck betroffen, dessen erfrischendes Bad im Geld nach einiger Zeit nicht mehr möglich wäre. Aber was hört man sonst immer bei allen Verschärfungen von Sicherheitsgesetzen? „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten“. Eben. Da wird dann bei Anne Will aber auch in der Printausgabe der Süddeutschen vom 4.2.2016 der Gebrauchtwarenhändler zum Rückgrad der Wirtschaft, der Nachteile für seine „seriösen“ Kunden befürchten muss, die unbedingt sofort ein Auto (ver)kaufen und bezahlen wollen.
Als 1960 im Wahlkampf Kennedy/Nixon (erstmals) die Frage gestellt wurde: „Würden sie von diesem Mann einen Gebrauchtwagen kaufen?“ ging es wahrlich nicht um das besonders seriöse Ansehen dieses Berufes. Aber einmal im Ernst. Soll man wirklich glauben, dass es keine Zahlungssysteme gibt/geben kann, die wie Bargeld funktionieren (z.B. Bankgarantie), aber über Banken abgewickelt werden? Wenn ich heute im Internet etwas für 2,50€ kaufe, kann der Vertrag garantiert werden. Da soll das nicht bei grösseren Summen gehen?
Bargeld ist (oft) Schwarzgeld
Da lobt man doch das Finanzamt, wenn es auf einer Yachtmesse am Bodensee mal schnell Kaufverträge sicherstellt, bei denen Yachten bar bezahlt wurden; deutliche Hinweise auf Schwarzgeld. Was hier SPIEGEL-online für die Zeit vor Einführung des Euro berichtet, gilt heute immer noch, wobei die „Weißgeldstrategie“ der Schweizer Banken für zusätzlichen Druck zum Abziehen des Schwarzgeldes sorgt . Für die Geldwäsche sind Bargeschäfte sehr nützlich. Es werden teurere Konsumartikel bar gekauft. Wenn man nicht so dumm ist, die auch noch als Betriebsausgaben absetzen zu wollen, erfährt das Finanzamt nicht notwendig etwas von den Vermögenswerten, kann also auch nicht nachfragen, wo das Geld dafür herkommt. Wenn man dann nach einiger Zeit das gute Stück verkauft, wird der Verkäufer jetzt natürlich zum Fan der Banküberweisung um die Einnahmen aus dem Verkauf wieder in den normalen Wirtschaftskreislauf einzuführen.
Dass sich die FDP für dieses „Freiheitsrecht“ stark macht, verwundert nicht, findet sie doch wohl ohnehin, dass die „Leistungsträger“ schon soviel leisten, dass sie nicht auch noch mit Steuerzahlen belastet werden sollten. Schon in der Parteispendenaffaire hatte die FDP auch von der „staatsbürgerlichen Vereinigung“ profitiert, bei der zur Finanzierung von Parteien unberechtigte Spendenbescheinigungen ausgestellt wurden. Zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung wollte die FDP dann das Bankgeheimnis stärken (auch sehr orginell); dass allerdings stattdessen die Durchlöcherung des Schweizer Bankgeheimnisses sehr hilfreich bei der neuen Steuerehrlichkeit (genannt Selbstanzeige) war, wird heute nicht einmal die FDP bestreiten können (aber natürlich bedauern).
Bargeld ist oft Schmiergeld
Natürlich laufen auch viele Fälle von Korruption als Bargeschäfte ab. Nach dem Lagebild des BKA zur Korruption im Jahre 2014 entfielen mehr als 90% der festgestellten Bestechungen von 140 Mio € auf Bargeld. Es geht es nicht immer nur um die unmittelbare Verhinderung der Korruption sondern auch um die Möglichkeit der Strafverfolgung. Steigt das Entdeckungsrisiko weil Barzahlungen schwieriger werden, und Bankzahlungen länger nachgeprüft werden können, steigt auch der Abschreckungseffekt von Strafen.
Bargeld wird nicht abgeschafft
Natürlich hat diese Obergrenze nichts mit der „Abschaffung des Bargeldes“ zu tun. Pläne dazu hat niemand, es wäre wohl auch (praktisch) nicht durchsetzbar. Im Moment verläuft der Kampf doch eher um das Bankkonto für jedermann (das sind allerdings meist Personen, die zu den 27% ohne Vermögen gehören). Mit dem Schreckensschrei „Abschaffung des Bargeldes“ wird ein Popanz aufgebaut, um mit „Wehret den Anfängen“ die Möglichkeiten für Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Korruption zu erhalten.
Eberhard Reinecke