25.10.2015 – Kein Comeback von Hogesa – Demonstration verbieten

Stellungnahme unseres Büro zum Verbot

„Zum Jahrestag der HoGeSa-Demo in Köln mobilisieren Hooligans und Nazis erneut bundesweit zu einem Aufmarsch am 25.10.2015 nach Köln. Unter dem Motto „Der gleiche Ort – Die gleiche Demoroute – Die gleiche Uhrzeit – Köln 2.0“ruft der Pro NRW-ler und Anmelder vom letzten Mal, Dominik Roeseler, dazu auf, nach Köln zu kommen. Schon Wochen vor dem Event haben weit über Tausend Personen auf Facebook ihr Kommen angesagt. Die Demonstration ist bei der Polizei angemeldet und in Hooligan- und Nazikreisen wird eifrig für eine Wiederholung der Randale vom letzten Jahr in derselben Größenordnung mobilisiert.“ (Aus dem gemeinsamen Aufruf einer Vielzahl von Initiativen)      Ergänzung vom 29.9.2015: Der Polizeipräsident Köln hat die Demonstration verboten.

Am 16.9.2015 fand von den Initiativen gegen Hogesa eine gut besuchte Presskonferenz statt, von der sowohl in den Printmedien wie  im Internet   berichtet wurde. Rechtsanwalt Reinecke nahm an der Pressekonferenz teil und begründete, warum ein Verbot der Hogesa Demonstration möglich und erforderlich ist. Die an die Teilnehmer verteilte juristische Stellungnahme hat folgenden Wortlaut:

 

Warum die für den 25.10.2015 für Köln angemeldete Demonstration verboten werden kann und verboten werden sollte:

Nach Artikel 8 des Grundgesetzes sowie § 1 des Versammlungsgesetzes hat Jedermann das Recht, friedlich und ohne Waffen Versammlungen durchzuführen. Nach § 15 des Versammlungsgesetzes können Versammlungen nur verboten werden, wenn nach den Erkenntnissen zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick auf die für den 25.10.2015 geplante Versammlung aus unserer Sicht eindeutig vor.

1.Nach dem Versammlungsgesetz ist zwischen dem Anmelder einer Versammlung (eher unbedeutend), dem Versammlungsleiter und dem Veranstalter zu unterscheiden. Die wesentliche Bedeutung kommt dem Veranstalter zu, wobei theoretisch auch eine Einzelperson Veranstalter sein kann, regelmäßig allerdings Organisationen Veranstalter sind. Der Repräsentant der Organisation ist regelmäßig Versammlungsleiter, wobei die Organisation auch eine andere Person dazu bestimmen kann.
2. Wenn es um die Frage geht, ob für eine Versammlung ein friedlicher Verlauf geplant ist, so gilt § 5 Ziff. 3 des Versammlungsgesetzes, nach dem Versammlungen verboten werden können, wenn „Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf der Veranstaltung anstreben“.

Andererseits wird regelmäßig davon ausgegangen, dass „außenstehende“ Gruppen, die zur Gewalt aufrufen, nicht ein Verbot begründen können. Es darf aber nicht verkannt werden, dass in Situationen, in denen der Veranstalter selbst (also die Organisation) klein und schwach ist, den sonstigen aufrufenden Organisationen (die nicht als Veranstalter eingebunden sind) besonderes Gewicht zukommt.
3. Für den Versammlungsleiter gilt, dass es nicht ausreicht, dass dieser persönlich das Versammlungsgesetz einhalten will, wenn er nicht die Kraft und die Möglichkeit hat, dies auch gegenüber Teilnehmern durchzusetzen. Im letzten Jahr entstand so die Situation, dass der Versammlungsleiter bereits am Ebertplatz die Versammlung auflöste. Die Konsequenz davon wäre gewesen, dass sämtliche Teilnehmer sich unverzüglich hätten entfernen müssen. Das Nichtentfernen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Die Polizei hielt es aus – durchaus nachvollziehbaren – taktischen Erwägungen allerdings für richtig, den Aufzug geschlossen über das Rheinufer zum Hauptbahnhof zurückzuführen, was letztlich darauf hinauslief, dass die geplante Versammlung trotz Auflösung (dann aber ohne Versammlungsleiter) zu Ende gebracht wurde. Wenn fest steht, dass ein Versammlungsleiter gar nicht die Möglichkeit hat, seine Anweisungen auch durchzusetzen, dann kommt es für die Frage geplanter gewalttätiger Auseinandersetzungen aus den Reihen der Demonstranten auch nicht mehr entscheidend darauf an, ob er selbst rechtstreu ist oder nicht.
4. Geht man von dieser Voraussetzung aus, so gibt es eine Vielzahl von Gesichtspunkten, die für eine sehr konkrete Gefahr einer gewalttätigen Demonstration sprechen. Das beginnt bereits bei dem Datum. Der 25. Oktober hat keinerlei Bezug zu Hooligans oder Salafisten. Er wird – so auch die bisherigen öffentlichen Ankündigungen  – gerade als „Jahrestag“ der Krawalle vom letzten Jahr begangen.
Ein Veranstalter selbst ist bisher nicht bekannt, Anmelder und wohl auch Versammlungsleiter sollen wie im letzten Jahr Dominik Roeseler sein, der zwar Mitglied bei Pro NRW sein soll aber nicht im Namen dieser Organisation die Demonstration anmeldet. Mit ihm zusammen wird die Vorbereitung durch „Kalle Grabowski“ durchgeführt, der ein längeres Video auf YouTube eingestellt hatte, in dem er die Demonstration im letzten Jahr als sehr gut bezeichnet hat und erklärte, man müsse diese in diesem Jahr „toppen“. Das entsprechende Video wurde – so der Eintrag bei YouTube – vom Einsteller selbst gelöscht, nachdem nunmehr offenbar klar ist, dass dieses Video ein deutlicher Beleg für den sehr offenen Aufruf zur Gewalt ist. Was sollte man sich ansonsten unter dem Aufruf vorstellen, dass in diesem Jahr die Demonstration vom letzten Jahr noch „getoppt“ werden sollte.
5. Nach allem, was man hört, hat weder Dominik Roeseler, noch Kalle Grabowski wesentlichen Einfluss auf eine Vielzahl anderer Organisationen, die nunmehr zum 25.10.2015 mobilisieren. Organisationen wie „Gemeinsam Stark Deutschland (GSD), Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa), Bündnis Deutscher Hooligans (B.D.H) und Berserker Deutschland hatten sich ursprünglich von der für den 25.10.2015 geplanten Demonstration distanziert und für den 24.10.2015 eine eigene Demonstration angemeldet . Auch diese Organisationen wollen einen Jahrestag begehen, auch hier bleibt nichts zu feiern, außer die damalige Auseinandersetzung mit der Polizei. Im Interesse der „Sache“ haben diese Organisationen nun auch für den 25.10.2015 aufgerufen. Es ist evident, dass diese Organisationen dem Veranstalter Dominik Roeseler nicht freundlich gegenüber stehen, die Organisation GSD hat ihn sogar als Pressesprecher abgewählt. Diese Organisationen werden sich durch Roeseler oder Grabowski nicht Vorschriften machen lassen, schon gar nicht ist klar, wer als Ordner fungieren wird. Roeseler konnte schon im letzten Jahr nicht den gewalttätigen Ablauf der Demonstration verhindern.
6. Es steht zu erwarten, dass Auflagen nicht eingehalten werden aber auch von der Polizei nicht durchgesetzt werden können. Das gilt sowohl für Parolen strafbaren Inhaltes, Zeigen des Hitlergrusses, wie aber insbesondere auch für die unbedingt erforderliche Auflage des Alkoholverbotes. Diese ist im letzten Jahr schlicht ignoriert worden und würde in diesem Jahr ebenfalls ignoriert werden. Der Verstoss gegen die Auflage ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 29 Zif. 3 VersammlG und müsste nach dem Legalitätsprinzip verfolgt werden. Ein massenhafter Verstoss gegen die Auflagen rechtfertigt eine Auflösung der Versammlung. Wer ernsthaft glaubt, die Teilnehmer dieser Veranstaltung könnten dort nüchtern erscheinen und nüchtern bleiben, lebt in einer Traumwelt. Die Polizei wäre aber verpflichtet, eine solche Auflage durchzusetzen. In einem solchen Zusammenhang könnte dann in der Tat ein Polizeilicher Notstand entstehen, wenn man sich überlegt, welche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Legalitätsprinzip erforderlich wären, um eine zulässige Auflage wie das Alkoholverbot durchzusetzen. Gelingt es nicht durch Zusammenarbeit mit der Polizei in anderen Bundesländern, diejenigen von der Fahrt nach Köln abzuhalten, die schon bei der Abfahrt Alkohol genossen haben oder die in ihren Fahrzeugen alkoholische Getränke mit sich führen, so müsste auf jeden Fall eine Vielzahl von Kontrollstellen auf den Zugangsstraßen nach Köln und den Bahnhöfen eingerichtet werden bzw. rund um den Versammlungsort. Alkoholisierte Teilnehmer oder solche, die Alkohol mit sich führen, müssten von vornherein von der Versammlung ferngehalten werden, die Polizei könnte und müsste ihnen Platzverweise erteilen. Nun ist es ohne Zweifel kein besonders guter Gedanke, wenn sich kleinere Gruppen von mehr oder weniger betrunkenen Hooligans an anderen Stellen der Stadt sammeln. Darüber hinaus müsste – nach einem erteilten Platzverweis – dieser ggf. auch durchgesetzt werden, wenn die entsprechenden Personen dann trotzdem an der Demonstration teilnehmen (wollen).
Es ist jetzt schon absehbar, dass es in dieser Konstellation taktisch klüger wäre, betrunkene Teilnehmer mitgehen zu lassen, als den Versuch zu unternehmen, sie mit der Polizei aus der Demonstration zu entfernen. Ähnliches gilt für sonstige Auflagen, wie etwa dem Verbot des Begehens von Straftaten (Zeigen von Hitlergruß u.ä.). Damit ist aber auch klar, dass eine Durchsetzung von Auflagen kaum möglich sein wird und der Veranstalter auch nicht garantieren kann, dass sie eingehalten werden. Solange der Veranstalter und der Versammlungsleiter kein tragfähiges Konzept zur Einhaltung der Auflagen präsentieren können, rechtfertigt bereits der sicher zu erwartende massenhafte Verstoss gegen mögliche Auflagen ein Verbot. Soweit wir informiert sind, ruft Herr Roeseler mit dem Megafon gerade nicht zur Einhaltung des Alkoholverbotes auf.

Reinecke/Rechtsanwalt