ging mir durch den Sinn, als ich hörte, wie das neue Gesetz zur Bestandsdatenauskunft verteidigt wird. Einer der Kritikpunkte: Selbst im Rahmen von Ordnungswidrigkeitenverfahren können nun Auskünfte eingeholt werden. „Die Befürworter der neuen Zugriffsmöglichkeiten argumentieren, gerade im Wirtschaftsstrafrecht seien viele Delikte bloße Ordnungswidrigkeiten.“ Wie wahr. So etwa sind die extrem sozialschädlichen Kartellverstösse bis heute als Ordnungswidrigkeit eingestuft. Es geht hier allerdings um volkswirtschaftliche Schäden von gerne auch schon mal zwischen 100 Mio. und einer Milliarde Euro. Trotzdem werden solche Kartellabsprachen bis heute nur als Ordnungswidrigkeit und nicht als Straftat verfolgt. Der Verstoss führt also nicht zu einer Kriminalstrafe sondern nur zu einem „Knöllchen“ (wenn dieses bei Kartellverstössen auch zumeist teurer ist, als beim Falschparken). Ganz anders der Ladendiebstahl. Bis zu einem Wert von ca. 30,00 € handelt es sich um einen „Diebstahl geringwertiger Sachen“, der allerdings auch mit Strafe belegt ist und wer dies häufiger macht kann auch gerne schon nach dem 4. – 5. mal mit einer Freiheitsstrafe belegt werden, selbst wenn der von ihm verursachte Gesamtschaden immer noch unter 1000,00 € liegt. Lesen wir mal in einem juristischen Standartkommentar warum die Grenze zum „richtigen“ Diebstahl auf keinen Fall erst bei 50,00 € beginnen kann: „Sachen im Wert des halben Wochenlohnes eines geringfügig Beschäftigten wegzunehmen, kann nicht schon tatbestandlich als belanglose Bagatelle angesehen werden“. Ganz anders allerdings Kartellverstössen, die völlig unabhängig von ihrem Schaden für die Gesellschaft und einzelne nie als Straftat verfolgt werden.
Keine Veruntreuung durch gezielte Kartellverstösse
Nicht einmal auf Umwegen lassen sich Kartellverstöße als Straftat verfolgen. Wir hatten einmal im Auftrag der Koordination gegen Bayer-Gefahren gegen Verantwortliche der Bayer AG Strafanzeige wegen Veruntreuung erstattet, weil nach unserer Auffassung derartige Kartellverfahren von vorneherein dazu führen, dass mit Bußgeldern zu rechnen ist und dementsprechend eine Schädigung des Vermögens der Gesellschaft eintritt. (Ein Bericht zu Anzeige und der Verlauf) Anders sah dies allerdings die Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft in Köln. Sie hatte sogar ein Herz für die Kartelltäter, wenn sie in der Einstellungsverfügung u.a. ausführte: „bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass ein weltweit agierender Konzern wie die BAYER AG letztlich durch Kartellabsprachen größere Gewinne erzielt, als wenn sie auf solche verzichten würde. (…) Es ist in Anbetracht des Umstandes, dass viele namhafte Unternehmen an den Absprachen beteiligt waren, davon auszugehen, dass diese Vereinbarungen lediglich in der Absicht einer sicheren Gewinnmaximierung getroffen wurden.“ Da offenbar das Bussgeld gegenüber der Gewinnmaximierung nicht ins Gewicht fiel, läge keine Veruntreuung vor.
Schon damals wurde die Forderung erhoben, endlich derart schwerwiegendes sozialschädliches Verhalten als Straftat zu qualifizieren. Dort ist bis heute nichts passiert. Jetzt kann man sehen wofür es gut ist. Mit der Weigerung der Politiker, Kartellverstösse als Straftaten zu ahnden, helfen sie nicht nur Ihren Vorstandfreunden in Grosskonzernen (der eine oder andere Politiker möchte gerne selber ein Vorstand werden) sondern man hat sogar einen Vorwand, um die Bestandsdatenauskunft auch in Fällen der Ordnungswidrigkeit zu rechtfertigen. Für einen Politiker wohl eine echte win win Situation. Ich finde allerdings dass da eher aus Sch… Gold gemacht wird.
Eberhard Reinecke