Lindner und der Baggerführer Willibald

Ich habe es geschafft, die Rede von Christian Lindner an Dreikönigstreffen bis etwa Minute 25 anzuhören (ca. 1/3). Nach seiner Werbung für den 12-Stunden-Tag für Baggerfahrer hat es mir dann gereicht (Ab Minute 23:30):

Und überhaupt, wie schränken wir Menschen ein. Neulich erzählte mit einer von einem Baggerfahrer, der in seinem Betrieb arbeitete und er sagte mir, ich habe einen Baggerfahrer, der ist auf Montage hier, seine Familie wohnt woanders, der will gerne Baggern und Geld verdienen, der darf aber nur 8 Std am Tag und dann sagt der mir, ich würde lieber 12 Stunden arbeiten, damit ich im Leben voran komme; erlaubt das Arbeitszeitgesetz nicht. Warum erlauben wir nicht Menschen zu arbeiten, wenn sie arbeiten wollen, vor wem schützen wir diese Menschen.

Dabei kann es sich allerdings kaum um den Baggerfahrer Willibald gehandelt haben, den Dieter Süverkrüp schon vor mehr als 50 Jahren besungen hat (hier der Text und hier das Lied) Dort heißt es:

Der Boss steht meistens rumUnd redet laut und dummSein Haus das soll sich lohnen!Wer Geld hat, kann drin wohnenWer arm ist darf nicht rein!Gemein

Doch kommen wir zurück zur Frage von Christian Lindner wer durch die Arbeitszeitordnung geschützt wird: Sicherlich schützen wir andere Menschen davor, von übermüdeten Baggerfahrern überfahren zu werden oder auch davor, dass diese mit ihrem Bagger in eine Baugrube fahren. Damit schützen wir die Baggerfahrer natürlich auch vor Strafverfahren. Der Kampf um den 8 Stunden Tag begann bereits im 19. Jahrhundert. Der angeblich „neue Aufbruch der FDP“ ist also die Rückkehr in das 19. Jahrhundert um die Grenzen des Arbeitstages einzureißen. Da fallen einem natürlich weitere Anwendungsfälle ein. Sicherlich werden sich demnächst auch Spediteure beim Christian Lindner beschweren, dass ihre Fahrer so gerne auch in den Ruhezeiten weiterfahren würden und wie lästig die Aufzeichnungspflichten mit Tachoscheiben und ähnlichem sind (unnötige Bürokratie!). Oder der Tankstellenpächter, der sich an Lindner wendet, ihm von den fleißigen 12 und 13-jährigen Jungen – Kindern von Bürgergeldempfängern – erzählt, die so gerne nachmittags in der Tankstelle helfen würden, aber durch das dumme Jugendarbeitsschutzgesetz davon abgehalten werden. Es wundert nicht, dass Lindner in der Rede schon eher peinlich Elon Musk – Vorkämpfer gegen alle Arbeiter*innenschutzrechte – davon überzeugen will, dass dieser doch eher in der FDP und nicht in der AfD seine Verbündeten suchen soll.

Da darf natürlich auch naturwissenschaftliche Dummheit nicht fehlen, wenn zur Verteidigung des gegenwärtigen CO² Ausstoßes und des Verbrenner Motors behauptet wird (8:40):

Unsere Antwort auf die Angst vor der Erderwärmung ist nicht Verbot oder Verzicht und Einschränkung der Freiheit sondern ist das Vertrauen auf den Einfallsreichtum unserer Ingenieurinnen und Techniker durch Spitzentechnologie unsere Lebensweise mit der Schonung unserer Lebensgrundlagen zu versöhnen.

Natürlich kann Lindner keine einzige Technologie benennen, die auch noch in Ansatz in der Lage wäre, dies tatsächlich zu erreichen. Diese Beschwörung ist genauso wirksam wie das ergänzende Anzünden von Kerzen im Kölner Dom. Auch diese Argumentation ließe sich natürlich ausdehnen, z.B. gegenüber dem Verbot vom Hochhaus zu springen:

Unsere Antwort auf die Angst vor dem Sprung vom Hochhaus ist nicht Verbot oder Verzicht und Einschränkung der Freiheit sondern ist das Vertrauen auf den Einfallsreichtum unserer Ingenieurinnen und Techniker durch Spitzentechnologie endlich diese dumme Schwerkraft auszuschalten.

Nur in einem kann ich Lindner voll zustimmen, wenn ausdrücklich dazu aufgefordert gegenüber Unsinn nicht zu schweigen (13:15):

„…nicht zu Schweigen, wenn andere Unsinn verbreiten, denn wer schweigt, wenn Unsinn verbreitet wird, der stimmt in Wahrheit zu.“

Diese Pflicht habe Ich habe hiermit erfüllt.

Eberhard Reinecke

P.S. Nachdem Frau Wagenknecht nicht mehr Mitglied der Partei die Linke ist, bin ich eingetreten. Ich freue mich, wenn möglichst viele Leser meines Blogs am 23.2.2025 die Partei die Linke wählen.