von RA Eberhard Reinecke, 23.4.2013
Spiegel online berichtet, dass im Wege der Verfassungsbeschwerde eine Übertragung des Prozesses in einen anderen Raum durchgesetzt werden soll. (Zusatz 25.4.2013: Das BVerfG hat den Antrag abgelehnt). Der Antrag an das OLG ist uns bekannt, nicht aber, dass dieses den Antrag bereits abgelehnt hat (was wohl formelle Voraussetzung für eine Verfassungsbeschwerde wäre). Wir haben – auch aus Opfersicht – zu dem Antrag gegenüber dem OLG Stellung genommen. Wir halten das Restrisiko eines Formfehlers für zu hoch und haben geschrieben:
„Es ist für uns ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die Wahl des Verhandlungsraumes problematisch ist und insbesondere auch für die Vielzahl der Opfer und Betroffenen zu einer
schwierigen Situation führt.
Das gilt auch für die von uns vertretenen Mandanten. Wir müssen allerdings zu bedenken geben, dass das Allerschlimmste für die Opfer wäre, wenn eine Verurteilung durch das Oberlandesgericht später aufgehoben würde, weil unzulässige Bildaufzeichnungen während der Hauptverhandlung stattgefunden haben. Da die Rechtslage nicht völlig eindeutig ist, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass in einer Revision eine entsprechende Rüge mit Sicherheit erfolglos wäre. Bei der Beurteilung ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Presse zumindestens bisher drei der Angeklagten (außer Frau Zschäpe und Herrn Wohlleben) offenbar nur gepixelt abbildet. Hinsichtlich dieser drei Angeklagten könnte eine Übertragung in einen anderen Raum noch besondere Probleme bereiten (wenn man davon ausginge – was sicherlich nicht eindeutig ist – dass diese Angeklagten nicht ungepixelt gezeigt werden dürfen).
Nach diesseitiger Auffassung zwingt bereits ein Restrisiko, nach dem gegebenenfalls eine Entscheidung aufgehoben würde, zur Beibehaltung der jetzigen Regelung. Der Gesetzgeber hätte
es in der Hand, das GVG zu ändern und dabei gleichzeitig diese Änderung auch für laufende Verfahren zu gestatten. Es erscheint hingegen ausgeschlossen, dass durch die Wahl eines
„zu kleinen“ Raumes der Grundsatz der Öffentlichkeit in revisibler Weise verletzt wird. Unter Abwägung dieser Umstände und der enormen Belastung, die eine Wiederholung des Verfah-
rens bedeuten würde, stellt eine „Nichtübertragung“ das kleinere Übel dar.
Nach unserer Auffassung ist allerdings auch damit zu rechnen, dass sowohl die Nebenkläger persönlich, wie die Nebenklägervertreter nicht immer vollständig an allen Verhandlungsterminen teilnehmen. Unter diesen Umständen könnte erwogen werden, besonders zu akkreditierende Personen (seien es Vertreter ausländischer Konsulate oder zusätzliche Pressevertreter) auch zu solchen Teilen des Saales Zutritt zu gestatten, der ansonsten den Nebenklägern und ihren Bevollmächtigten vorbehalten ist. Das Einnehmen der Plätze dort wäre aber natürlich immer daran gebunden, dass die vorrangig zu berücksichtigen den Personen (Nebenkläger samt ihrer Vertreter) Plätze nicht in Anspruch nehmen.“
Nach unseren Erfahrungen im Solingen Prozess gehen wir davon aus, dass spätestens nach 5 – 8 Verhandlungstagen, wenn die einzelnen Taten verhandelt werden, es keine Raumprobleme mehr geben wird. Wir werden feststellen, wieviele Zeitungen und Rundfunkanstalten in Deutschland und im Ausland es sich leisten, eine(n) Korrespondente(i)n nur für diesen Prozess freizustellen.