Durch die Coronakrise werden viele Mieter Schwierigkeiten bekommen, wenn Sie Ihre Miete nicht bezahlen können. Wie extrem gerade in der Wohnungsfrage die soziale Spaltung ist, die in Coronazeiten noch vertieft wird, hat Albrecht von Lucke in seinem Kommentar in der Sendung „Politikum“ (WDR5) vom 24.3.2020 belegt. Den Problemen der Mieter will angeblich ein Gesetzentwurf der Bundesregierung entgegenwirken, der dazu führen soll, dass wegen Corona nicht gezahlte Mieten aus dem Zeitraum vom 1. 4. bis 30.06.2020 nicht eine Kündigung begründen können, sondern als gestundet gelten.
Das gilt – so der jetzige Entwurf – bis zum 30.6.2022, d.h. spätestens bis dann müssen die fehlenden Mieten nachgezahlt werden. Es steht aber nicht zu erwarten dass ab dem 01.07.2020 alle Mieter, die zuvor zahlungsunfähig waren, nun nicht nur die laufende Miete zahlen können, sondern auch noch Raten auf die früher aufgelaufenen und gestundeten Mieten nachzahlen können. Dass die Mieter den Ausfall wg. Corona „glaubhaft“ machen müssen, verschärft die Situation und treibt Mieter eventuell in ein hohes Prozeßrisiko.
Ohne Zweifel wird es den Vermietern – insbesondere den großen ihren Aktionären verpflichteten Gesellschaften – gut gefallen, wenn sie einerseits jetzt auf Kündigungen verzichten, die Sie im Zweifel sowieso wegen der weitgehenden Untätigkeit der Gerichte und Gerichtsvollzieher nicht durchsetzen könnten, um dann nach der Coronakrise eine Vielzahl von Wohnungen zu kündigen, zu räumen und zu deutlich höheren Mieten anzubieten.
Wieso hier nicht auch mal etwas Planwirtschaft?
Schon daran wird deutlich, dass den Mietern nur 2 Alternativen nutzen könnten: Zum einen der Griff in die Planwirtschaft (der Begriff dürfte eigentlich nicht mehr so abschreckend klingen, „plant“ die Regierung doch zugunsten „der Wirtschaft“ ein 500 Milliardenprogramm), in dem einfach für eine bestimmte Zeit durch Gesetz die Mieten z.B. halbiert werden. Das wäre natürlich eine Enteignung oder ein enteignungsgleicher Eingriff, hätte aber den großen Vorteil, dass nicht der einzelne Mieter, der ohnehin genug um die Ohren hat, sich einem risikobehafteten Räumungsprozess aussetzen muss, sondern dass der Vermieter, der durch den Eingriff des Staates Verluste hat, sich mit diesem auseinandersetzen muss, der dann eine Entschädigung zahlt, die allerdings nicht unbedingt dem tatsächlichen Mietausfall entsprechen muss.
Die Alternative dazu wäre natürlich die Zahlung von verlorenen Zuschüssen an die betroffenen Mieter, damit diese ihre Miete bezahlen können. Dazu gehört dann auch die Änderung der Regelungen zu den Kosten der Unterkunft bei Mietern, die von Sozialleistungen abhängig sind, dass nicht die Tabellenwerte herangezogen werden, die die Ämter heute zu Grunde legen, sondern die real gezahlten Mieten.
Wenig erfolgversprechend hingegen dürften die Änderungen am Wohngeldgesetz sein, das ohnehin nie den realen Wohnungsmarkt abbildet, wie wir bereits früher einmal im Einzelnen dargelegt haben. Man müsste auch hier einen Systembruch vornehmen und an die Stelle der „anrechenbaren Miete“ die tatsächlich gezahlte Miete berücksichtigen, es müsste darüber hinaus eine Wohngeldberechnung bezogen auf das Einkommen einzelner Monate stattfinden und nicht wie bisher bezogen auf das Jahreseinkommen. Natürlich würden die Wohngeldämter unter der Masse der Anträge zusammenbrechen, dauert es doch heute oft Monate, bis ein Wohngeldantrag entschieden ist. Gar nicht abzusehen auch die Problematik, wenn der Antragsteller von der Sozialbehörde, wo er zunächst den Antrag stellt, zur Wohngeldbehörde geschickt wird da diese für diesen Teil seines Antrages zuständig wäre.
Mietminderung wegen Corona?
Diese Frage stellt sich für die Wohnraumnutzung von vornherein nicht. Die Wohnung wird sogar regelmäßig mehr genutzt als in sonstigen Zeiten, eine Nutzungseinschränkung durch Corona liegt nicht vor.
Anders hingegen kann es bei Gewerbemieten sein. Hier auch nicht das stille Gewerbe, wie unser Anwaltsbüro, oder auch das Büro eines Grafikdesigners, der es weiter benutzen kann, selbst wenn er keine Aufträge mehr hat.
Ganz anders hingegen stellt sich die Frage der Mietminderung bei den Gewerbeobjekten, die aufgrund behördlicher Anordnung nicht mehr im Rahmen des Mietzweckes benutzt werden können also insbesondere Gastronomiebetriebe, Friseure, kleinere Läden, Buchhandlungen etc. Hier scheint es auf den ersten Blick so zu sein, dass der Vermieter nichts für die Schließung kann. Umgekehrt kann allerdings auch der Mieter nichts dafür und was oft übersehen wird: das Recht zur Mietminderung hat überhaupt nichts mit Verschulden zu tun, sondern ausschließlich damit, dass das ausgewogene Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gestört ist. So etwa kann die Miete durchaus gemindert sein, wenn z.B. durch Baulärm auf dem Nachbargrundstück die Nutzbarkeit eingeschränkt ist und zwar unabhängig davon, ob der eigene Vermieter irgendetwas mit dem Bau auf dem Nachbargrundstück zu tun hat.
Regelmäßig wird auch durch behördliche Anweisungen zur Schließung von Gewerbebetrieben ein Minderungsrecht ausgelöst, es sei denn die Schließung geht auf die Person des Gewerbetreibenden zurück, z.B. der Gastwirt der wegen Steuerschulden oder auch Verkauf von Betäubungsmitteln die Konzession verliert. Hier ein kurzer Ausschnitt aus einem juristischen Kommentar:
Rechtliche Verhältnisse können das Vorliegen eines Sachmangels begründen. Dies ist in der Praxis insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Beschränkungen der Fall, also gesetzliche oder behördliche Verbote können als rechtliche Verhältnisse einen Sachmangel im Sinne von § 536 BGB begründen, wenn sie den Gebrauch der Mietsache unmöglich machen oder erheblich beeinträchtigen. Entscheidende Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Beschränkung auf die Mietsache und nicht auf die Person des Mieters bezogen ist.
Allerdings ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob sich aus dem jeweiligen Mietvertrag etwas anderes ergibt, insbesondere die Gewerbemietverträge in großen Objekten, wie Einkaufscenter, enthalten sehr viel weitergehende Verpflichtungen des Mieters, als es das Gesetz vorsieht. Mehr zu dieser Sichtweise findet man hier. Es ist weiter zu berücksichtigen dass es darüber hinaus viele Mietverträge gibt, in denen für Gewerbetreibende ausdrücklich geregelt ist, dass Sie die Miete nicht unmittelbar kürzen dürfen, sondern zunächst zahlen müssen und später zurückfordern können.
Trotzdem: Bevor man selbst und die Kinder hungern, könnte es sinnvoll sein, die Miete zu kürzen. Auf jeden Fall sollten alle betroffenen Gewerbemieter mit Ihrem Vermieter verhandeln und gegenüber ihrem Vermieter erklären, dass Sie die Miete nur unter Vorbehalt zahlen. Sie könnten dann zu einem späteren Zeitpunkt die zu viel gezahlte Miete zurückfordern. Nicht immer wird das Minderungsrecht zu einer vollen Herabsetzung führen. Können die gemieteten Räume z.B. für außer Haus Verkauf genutzt werden, wäre nur eine teilweise Minderung berechtigt.
Auch hinsichtlich der Gewerbemiete gilt, dass es ohnehin sinnvoller wäre, wenn die Vermieter sich mit dem Staat um eine Entschädigung für die gekürzte Miete streiten, als dies auf dem Rücken der Mieter abzuladen.
Eberhard Reinecke