Teil 3 des von RA Reinecke am 14.12.2017 gehaltenen Plädoyers
Ich äußere mich jetzt zu dem Thema Frau Z. und die Familie Eminger und stelle das unter das Motto „altruistische Lügen“. Die Lügen der Angeklagten treten besonders gehäuft in ihren Aussagen zu Andre und Susann Eminger auf.
Das beginnt bereits mit der Behauptung, dass die Angeklagte Zschäpe die gesondert verfolgte Susann Eminger erst im Sommer des Jahres 2006 kennengelernt haben will, wie sie am 16.3.2016 (S.4) behauptet. Es gab sicherlich eine Reihe von Gründen, dass das Trio aus Chemnitz weggezogen ist. Warum sie aber nach Zwickau und nicht in irgendeine andere Stadt gezogen sind, ist ungeklärt. Die einzige Person, die in Zwickau geboren und aufgewachsen ist, ist Susann Eminger, und es spricht Vieles dafür, dass Mitte 2000, als die Angeklagte mit den beiden Uwes nach Zwickau umgezogen ist, auch Andre und Susann Eminger sich bereits kannten und zusammen waren. Auch Andre Eminger orientierte sich in der Folgezeit immer nach Zwickau. So war ursprünglich vorgesehen, dass er auch ab März 2002 mit Susann Eminger (damals noch H.) und dem gemeinsamen Kind in Zwickau zusammenzieht, nachdem dann aber klar war, dass dadurch Sozialleistungen für Susann H. entfallen würden, blieb er offiziell in Johanngeorgenstadt wohnen, arbeitete und lebte aber wahrscheinlich die ganze Zeit in Zwickau.
Völlig unabhängig davon, dass bereits der Umzug nach Zwickau als Hinzug gerade auch zu Susann Eminger erfolgte, wäre der Gedanke geradezu absurd, dass einer der wenigen Bekannten, den das Trio zunächst in Zwickau hatte, nämlich Andre Eminger, nicht bereits damals seine Lebenspartnerin bzw. Ehefrau vorgestellt hat. Wir wissen, dass selbst in früheren Wohnungen, in denen das Trio nach dem Untertauchen lebte, regelmäßig Männer aus der rechtsradikalen Szene mit ihren Freundinnen auftauchten. So hat etwa auch die Zeugin Sp., die frühere Freundin des Angeklagten Eminger, mit diesem zusammen das Trio aufgesucht. Warum also sollte er nicht in Zwickau das Trio seiner Frau vorgestellt haben. Nach der Behauptung der Angeklagten hätte sie nicht einmal bis zur Hochzeit der Familie Eminger am 18.6.2005 Susannn Eminger kennengelernt .
Die Behauptung, Susann Eminger erst im Jahre 2006 kennengelernt zu haben, dient also ausschließlich dazu, diese gegenüber eventuellen Vorwürfen abzuschirmen. Dasselbe gilt auch für die Aussage der Frau Zschäpe vom 21.1.2016 zu Andre Eminger:
Wir trafen uns etwa ein bis zweimal pro Monat, wobei er uns beim Einkaufen geholfen hatte. Nach derGeburt seines ersten Sohnes im Jahre 2001 war der Kontakt nur noch sporadisch, etwa alle paar Monate einmal. Erst nach der Geburt des zweiten Kindes im Jahr 2006 wurde der Kontakt regelmäßiger. Wir trafen uns etwa zwei bis dreimal im, Monat, was daran lag, dass ich mich mit seiner Frau Susannn Eminger angefreundet hatte.
Dass die Hilfe des Herrn Eminger deutlich über das Tragen der Einkaufstüten hinausging, hat OStA Weingarten dargelegt, darauf kann ich Bezug nehmen. Warum sich Bilder der schwangeren Frau Eminger auf einer Festplatte befinden, die in der Frühlingsstrasse gefunden wurde, wäre kaum erklärbar, wenn Frau Z. Frau Eminger erst nach der Geburt des zweiten Kindes kennengelernt hat.
Angepasst an die Anklagevorwürfe und Nachweise versucht die Angeklagte die Familie Eminger herauszuhalten. Da es zwischen Ende 2000 (Probsteigasse) und Anfang 2007 nur eine weitere angeklagte Unterstützungshandlung gibt, meint die Angeklagte für diesen Zeitraum die Beziehung zu Familie Eminger verleugnen, bzw reduzieren zu können.
Das erste Kind der Familie Eminger ist am 24.1.2002 geboren, das zweite am 13.8.2006. Ein innerer Zusammenhang zwischen den Kindern und der Beziehung zum Trio erschließt sich nicht. Hatte Andre E. mit dem ersten Kind soviel zu tun, dass er sich nicht um das Trio kümmern konnte? Und warum hatte er dann nach dem zweiten Kind plötzlich mehr Zeit?
In dem Zeitraum, in dem es angeblich nur geringen Kontakt gegeben hat (zwischen dem ersten und dem zweiten Kind), liegen insgesamt fünf Mordtaten und der Sprengstoffanschlag in der Keupstraße. Aber natürlich klingt ein Anknüpfen an die Geburt der Kinder besser als die platte Behauptung, dass in der Zeit mit 5 Mordtaten und dem Sprengstoffanschlag in der Keupstr. wenig Kontakt zu Andre Eminger bestand und man Susannn Eminger noch nicht kannte. Dabei spricht alles dafür, dass gerade zum Anschlag in der Keupstr. der Kontakt zu Emingers besonders eng war: In der Hauptverhandlung wurde festgestellt, dass Herr Eminger am 08.06.2004 in Euskirchen Geld aus einem Bankautomaten gezogen hat. Wir haben in diesem Verfahren es häufig mit Zufällen zu tun, dass nun aber zufällig Herrn Eminger gerade eine Fuhre in die Kölner Gegend hatte, als Böhnhardt und Mundlos den Sprengstoffanschlag in der Keupstraße durchführten, überstrapaziert den Glauben an Zufälle. Nach allen Feststellungen sind U.B und U.M. bei Mitnahme von Fahrrädern immer mit Wohnmobilen gefahren. Nach Köln allerdings fuhren Sie mit einem VW-Touran, der selbst bei zurückgeklappten Sitzen nicht das ideale Gefährt war, um drei Fahrräder, nämlich die Fluchtfahrräder für Mundlos und Böhnhardt sowie das Fahrrad mit der Bombe, einschließlich der Bombe selbst zu transportieren. Es handelt sich dabei durchaus um einen ungewöhnlichen Anblick auf der Autobahn. Man sieht dort zwar häufiger Fahrzeuge mit Fahrradträgern doch nur selten Fahrzeuge in deren Inneren Fahrräder gestapelt sind. Sie hätten damit durchaus Aufmerksamkeit erregen können.
Viel geeigneter für den Transport nach Köln wäre natürlich der Lkw gewesen, mit dem Herr Eminger unterwegs war. Frau Z. hat sich hier immer als die sparsame Hausfrau dargestellt und auch wenn die Kasse aus den beiden Banküberfällen im Mai 2004 mit mehr als 100.000 € gut gefüllt war, mag sie doch Ihre Männer zur Sparsamkeit ermahnt haben nach der Devise: „Wenn der Andre da sowieso hinfährt, müsst ihr doch nicht ein teures Wohnmobil anmieten“.
Es mag sein, dass diese Indizien für eine Verurteilung von A.E. nicht ausreichen, aber zur Verdeutlichung der Verlogenheit der Einlassung der Angeklagten allemal. Sie behauptet, sie habe sich so stark für den Anschlag für die Keupstraße interessiert, dass sie sich sogar selber Zeitungen besorgt hat. Sie hätte den Angaben der beiden nicht getraut. Welche Angaben haben diese denn angeblich zur Frage gemacht, wie die Fahrräder und die Bombe nach Köln gekommen sind? Die Angeklagte wird nicht behaupten wollen, sie hätte eine solche Frage nicht gehabt (falls sie nicht ohnehin schon alles wusste) oder sie hätte erwartet, darauf eine Antwort in der Zeitung zu finden.
Um Frau Eminger weiter abzuschirmen, geht die Angeklagte Zschäpe sogar so weit, dass sie – äußerst ungewöhnlich – auf Fragen des Vorsitzenden weitergehender antwortet, als eigentlich von ihr erwartet wurde. Am 29.09.2016 beantwortet die Angeklagte die Frage (Seite 5 der Abschrift) des Vorsitzenden:
„Gab es in Ihrem Leben wichtige Bezugs- und Kontaktpersonen? Wer waren diese ggf.? Bitte beschreiben Sie das Verhältnis zu diesen Personen näher.“
Zu Susann Eminger erklärt die Angeklagte sodann:
„Susann Eminger war ab 2006 für mich eine gute Freundin. Ich verbrachte gerne Zeit mit ihr und ihren Kindern. Persönliche Themen über unser Zusammenleben oder Dinge, die mich belasteten, wurden von mir nie angesprochen.“
Nach dem letzten Satz war gar nicht gefragt worden, und dient auch nur dazu von vornherein Susann Eminger abzuschirmen. Natürlich unterhält man sich unter guten Freundinnen auch über persönliche Dinge. Wie das Ganze tatsächlich abgelaufen ist, kann man etwa an einer sichergestellten SMS auf dem Handy des Herrn Eminger nachvollziehen, der am 25.10.2010 um 20.10 Uhr von seiner Frau ein SMS erhielt (vgl. SAO 620, Seite 8479), in der es u.a. heißt:
„Liese hat eben angerufen und ich hab ihr gesagt, dass das Traumpaar Eminger wieder vereint ist, ey, die hat mir einen Tinitus verpasst, die hat geschrien vor Freude total ….“
Verhalten sich so Freundinnen, die nichts Persönliches voneinander erzählen?
Wer war am 11.1.2007 auf der Polizeiwache?
Ohne Zweifel zu den dreistesten Lügen, die die Angeklagte Zschäpe in ihrer Einlassung den Beteiligten aufgetischt hat, gehört die Behauptung, sie habe erst im Januar 2007 Herrn Eminger mitgeteilt, dass das Trio auch Banküberfälle begehe. Frau Zschäpe hat dazu u.a. am 16.3.2016 auf S. 5 ausgeführt:
„Am 11.01.2007 begleitete mich Andre Eminger zur Polizei in Zwickau, wo ich unter Verwendung des Ausweises seiner Frau als Susannn Eminger auftrat und eine Zeugenaussage machte. Den Ausweis seiner Frau hatte mir Andre Eminger mitgebracht. Nachdem wir von der Polizei nach Hause zurückgekehrt waren, fragte Andre Eminger, warum wir drei denn eigentlich nicht wieder in das bürgerliche Leben zurückkehren würden bzw. wann wir das Untertauchen abbrechen’würde. Bei diesem Gespräch waren dann auch Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt anwesend.
Und weiter:
Auf Grund seiner Hilfeleistungen in der Vergangenheit – nämlich die Anmietung der Wohnung, die logistische Unterstützung bei größeren Einkäufen von Lebensmitteln und zuletzt meine Begleitung zur Polizei vom selben Tag – vertrauten wir ihm nunmehr soweit, dass wir ihm von den zurückliegenden Raubüberfällen berichteten
Die Bundesanwaltschaft ist schon ausführlich darauf eingegangen so dass hier nur auf zwei Aspekte hingewiesen werden soll: Jeder der schon einmal einen fremden Menschen kennengelernt hat weiß, dass es zumeist nicht länger als zwei bis drei Stunden dauert, bis man den Gegenüber fragt, wovon er denn lebt. So z.B. auch die Urlaubsbekanntschaften des Trios. Dass der Angeklagte Eminger schon beim Kennenlernen wusste, dass das Trio im Untergrund lebt hat die Angeklagte selbst eingeräumt. Unsere Frage, was denn vor Januar 2007 den Eheleuten Eminger erzählt wurde wovon das Trio lebt, wurde von Frau Zschäpe nicht beantwortet. Ich weiß auch nicht, ob sie sich trauen würde entweder zu behaupten, es sei nie über dieses Thema gesprochen worden oder das Trio habe gegenüber den Eheleuten Eminger dasselbe erzählt wie gegenüber den Campingplatzbekanntschaften, nämlich dass „Gerry“ Autos überführt, „Max“ etwas mit Computern macht und „Liese“ zu Hause ist.
Der zweite Aspekt zu dieser Einlassung der Angeklagten bezieht sich darauf, dass dieses Gespräch mit dem Angeklagten Eminger schon deswegen nicht stattgefunden haben kann, weil zumindest Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos wahrscheinlich aber auch die Angeklagte Zschäpe am 11.1.2007 gar nicht in Zwickau waren. Die Behauptung von Frau Zschäpe am 11.1.2007 mit Andre Eminger bei der Polizei gewesen zu sein, ist falsch, auch wenn sie damit die Version der Anklage bestätigt. Nach meiner Auffassung spricht hingegen alles dafür, dass Herr Eminger mit Susann Eminger am 11.01.2007 bei der Polizei war und die Angeklagte diese Version bestätigt, um ihrer Freundin zu helfen. Für die Version von Frau Zschäpe und der Anklage spricht natürlich auf den ersten Blick, dass der Polizeibeamte Rau. am 09.01. in der Polenzstraße vorstellig wurde, dort eine Frau öffnete, die sich als Susannn Eminger vorstellte und auch ihr Geburtsdatum angab. Wir können davon ausgehen, dass es sich um dieselbe Frau handelt, die auch am 11.01. beim Polizeibeamten erschienen ist. Auf den ersten Blick scheint es eher unwahrscheinlich zu sein, dass nun zufällig die echte Frau Eminger am 09.01. in der Wohnung in der Polenzstraße war. Tatsächlich allerdings hatte bereits zuvor der Polizeibeamte Rautenberg eine polizeiliche Vorladung an Frau Lisa Dienelt (Tarnname von B.Z.) übersandt. Diese sollte am 09.01. bei der Polizei erscheinen. Nur weil dies nicht geschah, begab sich der Polizeibeamte Rau. in die Polenzstraße. Das Trio konnte also damit rechnen, dass eventuell ein Polizeibeamter erscheint, wenn Frau Lisa Dienelt nicht bei der Polizei erscheint. Da ist es sicherlich auch kein Zufall, dass am selben 09.01.2007 unter dem Namen Gerlach das Wohnmobil Fiat Ducato mit dem amtlichen Kennzeichen C-PW 87 beim Caravanverleih Horn angemietet wurde und zwar ab 9.00 morgens, zunächst bis zum 13.01. und dann verlängert bis zum 20.01.2007. (SAO 84, 110 ff). Dies dürfte auch das Tatfahrzeug gewesen sein, mit dem dann am 18.01.2007 die Sparkasse in Stralsund zum zweiten Mal überfallen wurde. Wir wissen natürlich nicht, ob das Trio sich zunächst nur wegen des polizeilichen Interesses an der Wohnung z.B zu einem Ostseeurlaub entfernte und dann nachträglich den Entschluss fasste die Sparkasse in Stralsund zum zweiten Mal zu überfallen, oder ob von vornherein der Überfallplan bestand.
Fest steht damit allerdings, dass sich auf jeden Fall Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt für den Tag der auf den 9.1.2007 anberaumten polizeilichen Vernehmung von Frau Lisa Dienelt aus dem Staub gemacht hatten und sicherlich nicht für das Gespräch mit Andre Eminger am 11.1. zurückgekehrt sind. Es spricht auch nichts dafür, dass Mundl. und Böhnh. Frau Zschäpe alleine der Polizei überlassen wollten. Frau Zschäpe hat in ihrer Einlassung immer versucht, die Differenzen zu den beiden Uwes hervorzugehen. Hätten die beiden Uwes sie tatsächlich alleine gelassen, hätte sie sicherlich davon erzählt, dass die beiden Uwes sie hängen ließen. Stattdessen erfindet sie das Gespräch mit Andre Eminger, bei dem zumindest die beiden Uwes nicht dabei sein konnten. Ich gehe davon aus, dass auch Frau Zschäpe nicht vor Ort war. Dass die Wohnung allerdings auch nicht einfach leer stehen durfte und dann weitere Aufmerksamkeit erregen, war auch naheliegend, so dass sich natürlich anbot, dass irgendjemand auf die Wohnung aufpasst, entweder Frau Eminger alleine oder mit ihrem Ehemann. Für die Version, dass die richtige Frau Eminger zusammen mit ihrem Ehemann am 11.01. bei der Polizei war, spricht im Übrigen der vorgelegte Personalausweis. Trotz eines wohl vorhandenen Übertragungsfehlers bei der Personalausweis-Nr. ist mit der Bundesanwaltschaft und insoweit auch mit der Einlassung der Angeklagten davon auszugehen, dass der echte Personalausweis von Frau Susannn Eminger vorgelegt wurde. Nun ergibt sich aber aus dem in Augenschein genommenen Bild aus diesem Personalausweis, dass Frau Susannn Eminger keineswegs eine Ähnlichkeit mit Beate Zschäpe hat. Dies wäre also einem Polizeibeamten wahrscheinlich aufgefallen. Auch bei den diversen Lichtbildvorlagen ist nie eine Person auf die Idee gekommen, Frau Eminger als Frau Zschäpe zu identifizieren oder umgekehrt. Viel wichtiger ist allerdings, dass Frau Zschäpe auf jeden Fall damit rechnen musste, dass ein Polizeibeamter erkennt, dass sie nicht die im Personalausweis abgebildete Person ist. Da darüber hinaus noch eine zumindest nicht alltägliche Geschichte über die Namen Dienelt, Eminger, Anmietung und Nutzung der Wohnung erzählt werden musste, bestand eine viel zu große Gefahr, dass der Polizeibeamte genauer der Frage nachgeht, wer eigentlich vor ihm sitzt. Eine damit verbundene Festnahme von Frau Zschäpe, Durchsuchung der Wohnung in der Polenzstraße etc. konnte das Trio nun auf keinen Fall riskieren. Flöge der Schwindel hingegen mit der echten Frau Eminger auf, hätte das Trio immer noch untertauchen können. Hinzu kam das Risiko, dass ggf. bei Nachvernehmungen der Polizeibeamte an der Anschrift der Eheleute Eminger in der Dortmunder Straße aufgetaucht wäre und dann dort wiederum eine völlig andere Person als Frau Eminger hätte feststellen können. Die Variante, dass die beste Freundin von Frau Zschäpe unter ihrem eigenen Namen zusammen mit ihrem Ehemann bei der Polizei auftaucht, war die sicherste und es spricht Einiges dafür, dass in diesem Fall Frau Zschäpe sich zusammen mit den beiden Uwes aus dem Staub gemacht hatte um abzuwarten, ob in Zwickau alles gut geht. Das würde dann im Übrigen auch für eine weitergehende konkrete Tatbeteiligung der Angeklagten am Überfall auf die Sparkasse Stralsund sprechen.
Gegen die Annahme, dass Frau Eminger selbst auf der Polizeiwache war, könnte sprechen, dass nach einem Schriftgutachten die Unterschriftsleistung eher nicht von ihr stammt. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass eine auf eine kurze Schreibleistung wie eine Unterschrift begrenzte Untersuchung wenig aussagefähig ist. Wahrscheinlich stand Frau Eminger auch unter Anspannung, was regelmäßig die Schreibleistung ebenfalls verändert. Insofern kommt dem Schriftgutachten kein großes Gewicht zu. Auch die Tatsache, dass sowohl bei dem Erscheinen in der Wohnung Polenzstr. wie auf der Polizeiwache das von Polizeibeamten notierte Geburtsjahr nicht stimmte, jeweils als Geburtsjahr der Frau Eminger 1982 niedergelegt wurde statt 1981 ist wenig aussagefähig, da nicht einmal feststeht, ob hier nicht ein Übertragungsfehler des Polizeibeamten vorliegt.
Gewichtet man alle Indizien, so spricht alles eher dafür, dass die echte Frau Eminger zusammen mit ihrem Ehemann bei der Polizei war und nicht Frau Zschäpe, die eher Winterurlaub an der Ostsee gemacht hat. Frau Zschäpe hat hier aber dankbar die Version der Anklageschrift bestätigt, um ihre Freundin Susannn Eminger zu schützen. Ich rege an, insoweit einen tatsächlichen Hinweis zu erteilen.
Aber egal, von welcher der beiden möglichen Varianten wir ausgehen, widerlegt auch dieser Vorfall die Behauptung, die Angeklagte Zschäpe habe Susann Eminger zu diesem Zeitpunkt etwa erst ein halbes Jahr gekannt. Das versteht sich für den Fall von selbst, dass Frau Eminger persönlich auf der Polizeiwache erschienen ist. Einen solchen Freundschaftsdienst werden im Regelfall selbst beste Freundinnen kaum für einander leisten, erst gemeinsame politische Ziele könnten die Grundlage für einen solchen Freundschaftsdienst sein. Selbst wenn man aber von der Variante ausgeht, dass die Angeklagte Zschäpe sich in der Polenzstraße bei Besuch des Polizeibeamten geistesgegenwärtig als „Susann Eminger“ ausgegeben hat und den Geburtstag parat hatte, lässt dies tiefe Rückschlüsse auf das Verhältnis zu. Man stelle sich eine Freundschaft vor, in der angeblich nichts Persönliches besprochen wird, die erst ein halbes Jahr alt ist. Wenn sich die Angeklagte Zschäpe als Susann Eminger ausgibt, muss sie sich bereits zu diesem Zeitpunkt sicher gewesen sein, dass sie von Susann Eminger Ausweis und andere Identitäten erhält, um unter diesem Namen bei der Polizei zu erscheinen. Das ist insgesamt ein dreistes Bubenstück, das sicherlich auch in dieser Variante nur denkbar ist, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt ein tiefes gegenseitiges Vertrauen und zwar auch basierend auf der rechtsradikalen gemeinsamen Ideologie bestand.
Die Empathie der Frau Zschäpe
Zusammengefasst: Frau Zschäpe ist durchaus zu Empathie und Rücksichtnahme fähig, aber nicht gegenüber den Opfern sondern nur gegenüber der Familie Eminger. Da behauptet Frau Zschäpe allen Ernstes, sie hege heute keine Sympathien mehr für nationalistisches Gedankengut, findet aber kein einziges Wort auch nur der politischen Distanzierung von Andre Eminger, der als lebende nationalsozialistische Litfaßsäule herumläuft. Und so stehen wir am Ende des Prozesses in einer Situation, wo an sich jeder hier im Raum weiß, dass die extrem enge Beziehung zwischen Familie Eminger und dem Trio mit Sicherheit auch Kenntnis und Unterstützung der Mordtaten beinhaltete, allerdings lässt sich zur Zeit ein Beweis der Unterstützung – abgesehen von dem Anschlag in der Probsteigasse – nicht führen.
Allerdings trifft den Angeklagten Eminger und seine Ehefrau eine im Gesetz nicht unbedingt vorgesehene strafrechtliche Nebenfolge. Dasselbe könnte auch für den Angeklagten Gerlach gelten. Das Dauerdelikt der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, für das Andre Eminger und Holger Gerlach angeklagt und auch zu verurteilen sind, führt zwar in erheblichen Umfang zum Strafklageverbrauch- nicht aber hinsichtlich eventueller Tötungsdelikte. Dies hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung 3 StR 9/80 entschieden, die Entscheidung wurde durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt (2 BvR 873/80). Es tritt im Übrigen auch keine Verjährung für Mordtaten ein. Mit anderen Worten: packt die Angeklagte Zschäpe eines Tages – vielleicht im Gegenzug für eine Entlassung- aus, dann steht einem neuen Verfahren gegen Herrn Eminger nichts entgegen. Er ist daher auch dazu verurteilt, bis an sein Lebensende Beate Zschäpe gut zu behandeln und bei Laune zu halten.